Zur Photokina 2008 (!) stellte Zeiss eine vielbeachtete Innovation vor: das PHOTOSCOPE 85 T* FL mit Oled Display Photoscope_384_seitlich_rechts1. Dieses Produkt erfüllt die Träume jedes Naturfreundes!

 Eine 7 Megapixel-Digitalkamera ist in das Spektiv eingebaut, deren Bilder während oder nach der Aufnahme über ein ausklappbares Oled-Display betrachtet werden können. Ausgelöst wird die Kamera über eine Fernbedienung, damit auch die leiseste Erschütterung vermieden wird. Die vielen Vorzüge, die das Gerät noch zu bieten hat, sind in den Firmen-Ankündigungen nachzulesen und zu gutieren. Dem Naturfreund schlägt das Herz schneller bei der Vorstellung, daß er damit ein Gerät erwirbt, das bei einem Gewicht von nur knapp 3 kg exzellente lichtstarke Beobachtung mit 15-45-facher Vergrößerung ermöglicht und zugleich sehr gute Belegaufnahmen mit einem 600 - 1800mm Kleinbildäquivalent.

Also hochwertige Tele-Aufnahmen und Qualitätsbeobachtung bei minimalem Gewicht - ein Traum!

Hellwach ist man allerdings beim Preis: an die 6000 € soll das Objekt der Begierde kosten. War schon das Diascope + angesetztem Kameraokular DC4  nicht gerade ein Preis-Schnäppchen, so überlegt der Naturfreund folgendes: ein Spitzen-Spektiv kann man für 3000 € veranschlagen - dann kostet  also die Digitalkamera runde 3000 € ?! Na gut - die Idee, die Qualität und Zeiss...das muß etwas mehr kosten!  Und so habe ich zu sparen begonnen und: die Summe habe ich schon lange beisammen! Aber - man glaubt es nicht - das Gerät kann Zeiss noch immer nicht liefern (Stand 15.März 2010 !!). Ursprünglich war Liefertermin für Frühjahr/Sommer 2009 angekündigt. Ich habe bei meinem Optiker ein Gerät bestellt. Der gute Mann plagt sich seither in regelmäßigen Abständen den Liefertermin von Zeiss zu erfragen. Zuerst wurden Termine in 1-2 Monatsabständen genannt, dann jeweils 4-6 Wochen und zu guterletzt 2-3 Wochen (März 2010).Rückfrage: ist das sicher? Antwort: voraussichtlich! Ich habe soeben bei Zeiss im Internet nachgesehen: Lieferstart Mai 2010!

Nicht einmal ein müdes Lächeln will sich bei mir einstellen, aber einige Überlegungen: hat sich Zeiss selber überschätzt? Ist die postulierte Qualität für die Mengen-Herstellung nicht hinzukriegen? Welche Fertigungs-Probleme auch immer bestehen -  jedenfalls haben sich da bei Zeiss offenbar ein paar Köpfe ordentlich verkalkuliert - gerade bei Zeiss hätte ich so etwas für nicht möglich gehalten...

Es geht weiter: Anfang Mai fragt mein Optiker nach. Auskunft: voraussichtlich Ende Mai...

20. Mai 2010: Zeiss hat es geschafft!! Ich hab das Photoscope und werde meine Erfahrungen damit schildern...

 

12.Juni 2010: Ich bin von meinem Kreta-Urlaub zurück und kann meine ersten Eindrücke und persönlichen Wertungen zum Photoscope abgeben.

Mit Erleichterung und Engagement hat mir mein Optiker das Photoscope-Paket persönlich in meinen Betrieb zugestellt! Als ich den Karton geöffnet hatte, hielt ich eine sehr wertige  Cordura Tasche in Händen mit einem dezenten, weissen ZEISS-Schriftzug auf blauem Grund (Vergleiche dazu: Zeiss-Schutzhülle am Ende des Berichtes). Innen ist die Tasche mit einem sehr festen Schaumstoff bestückt, der alle formgerechten Ausfräsungen für sämtliche Bestandteile enthält, die Zeiss mitgibt (einschl. Adaptersteckern für unterschiedliche Strom-Steckdosen und (Sonderlob für Zeiss!): eine 1GB-Speicherkarte). Alles in allem eine mehr als solide Lösung für pingelige Kunden! Entnimmt man das Objekt der Begierde aus seiner Umhüllung, hält man 2,9 kg kompakte High-Tec in Händen - erster Gegenwert für den ausgegebenen Betrag! Das Objektiv sitzt in einem Gußteil, das ein bißchen an eine Plastiktrompete erinnert - Verzeihung!!! Auch die praktische und führig ausziehbareGegenlichtblende ist wieder da - allerdings wieder mit der sogenannten "Peilhilfe" (2 erhabene Nut-Leisten). Hat man bei Zeiss schon einmal versucht damit einen kleinen Vogel in einem großen Baum anzupeilen? Wenn ich ihn sorgfältig anvisiere - im Bildfeld ist er dann sicher nicht! Diese Peilhilfe verdient ihren Namen nicht. Eine röhrenförmiges Visier dran wäre sicher geeigneter! Was sofort Begeisterung auslöst, ist die Oberflächenbeschaffenheit des ganzen Gerätes: griffig,handwarm und vor allem: man sieht auf den ersten Blick, daß das Rohr von der mechanischen Beanspruchung her einiges aushalten wird bezüglich Kratzern - im Vergleich zum Diascope, das leicht verschrammt. Vergnüglich den Abschluß-Deckel zum Batteriefach zu öffnen und zu schließen - präzise! Und - oh Freude - dahinter werkt jetzt ein Li-Ion-Akku, der locker durch meinen Beobachtungstag reichte und immer am Abend noch Rest-Kapazität hatte ( wo ich beim DC4 bereits 2 Lithium-Batteriesätze verschlissen hatte). Ebenso ist das Öffnen und Schließen des Monitors vergnüglich - samtige Festigkeit. Praktisch und beeindruckend die einrastbare Verstellung der Augenmuschel, damit Brillenträger und Normalsichtige ihren rechten Betrachtungsabstand finden können. Doch jetzt tauchen die ersten Handgriffe auf, die Verwunderung auslösen - Verwunderung aber im Sinn von ärgerlich: ich frage mich, wieso Zeiss die Gängigkeit der Einstellringe von Fokussierung, Zoom und Dioptrieneinstellung dermaßen streng einggestellt hat !? In Österreich haben wir dafür ein Wort: "zach"! (hochdeutsch: "äußerst zähe" und das ist negativ besetzt!!) Diese Schwergängigkeit führt bisweilen dazu, daß bei Scharfstellung oder Zoomveränderung das Stativ eher in seinem Fluidkopf nachgibt und der zuerst mühsam eingestellte Vogel wieder aus dem Bildfeld verschwunden ist. Bis man alles dann soweit hat, daß das Objekt eingestellt ist, wie man es haben will und man begierig den Auslöser der Fernsteuerung betätigt, um den Vogel abzulichten, fliegt er endgültig ab! Um aber fotografieren zu können, muß man erst das Rohr einschalten. Und dieser Schalter ist gut geschützt unter einer Gummiabdeckung gelegen. Raffiniert gemacht - aber verdammt noch mal - schon wieder nur so "zach" zu betätigen, daß ich dem verantwortlichen Zeiss-Ingenieur einmal gern meine arthrosegeplagten Finger leihen möchte, damit er weiß, wie daneben dieses Ding ist! Meist gelingt das Einschalten nicht beim ersten Versuch. Und über diesem Schalter hat Zeiss ein Kontroll-Licht zur Betriebsanzeige eingebaut. Es leuchtet grün, wenn der Monitor eingeschaltet ist. Gute Idee, da ja der Monitor zu Stromsparzwecken nicht immer geöffnet ist. Nur: dieses grüne Licht ist nur bei Nacht gut zu sehen, bei Tag nur im Schatten und da auch nur bei ganz genauer Betrachtung. So eine Kontrolle brauch ich nicht! Somit gibt es für mich im Zweifelsfall nur eine Sicherheit: Monitordeckel aufgemacht und nachgeschaut, ob es finster ist oder nicht. Gleich was zum OLED-Monitor: der ist gediegen! Hell genug, um auch bei Tageslicht das Motiv zu zeigen und feinauflösend genug, umn auch Schärfe-Kontrolle am Schirm zu machen (wenn nicht gerade direkt die Sonne draufscheint). Was ganz fein ist: unten am Bildrand ist in einer Leiste ISO-Zahl, Belichtungszeit, AE-Korrektur, Weißabgleich, Bildgröße und Anzahl der noch verfügbaren Aufnahmen ablesbar. Aber: ISO, AE-Korrektur, Weißabgleich und Bildgröße sind sofort sichtbar mit der Fernsteuerung anwähl- und einstellbar, was in der Praxis, wenn es schnell gehen muß eine Supersache ist!

Beim Durchblick durch das Photoscope nimmt man mit Genugtuung den Gegenwert an Geld wahr: gestochen scharf bis praktisch an den Rand und kontrastreich - ein Vergnügen zu betrachten! Einfach Zeiss!! Einziger Wermuthstropfen: bei Betätigung des Zoomringes bleibt das Bild nicht homofokal - man muß nachregulieren! Das ist wahrscheinlich unerfüllbares Wunschdenken, sonst hätte es Zeiss sicher gemacht.

Beim Fotografieren und den Bild-Ergebnissen mittels Photoscope kommt zunächst abermals Freude auf: im Vergleich zu den Ergebnissen mit dem Kameraokular DC4 ist wesentlich größere Auflösung sowie Kontrastumfang feststellbar! Die eingeblendeten Daten von Uhrzeit und Datum sind jetzt dezent klein! Bei 7 MPx ist nun ausreichend Reserve vorhanden zu Bearbeitung und auch notwendigen Ausschnitten. Großartig auch die Möglichkeit schon Folge-Aufnahmen  machen zu können, während noch die Kartenzugriffsanzeige leuchtet.Begeisterung wird wach, auf Pirsch eines idealen Motivs zu gehen! Das ist aber in der Praxis nicht so einfach wie der Wunsch...

Auffällig ist die  Tendenz, daß das Photoscope gerne gelbstichige Bilder liefert. Ob das an mir liegt oder dem PS wird die  Zukunft weisen.

Worauf ich mich besonders gefreut habe, war der Fokus-Assist beim PS. Ich bin Gleitsichtbrillenträger und habe bei DC4-Aufnahmen oft feststellen müssen, daß das Motiv nicht richtig scharf war, der Hintergrund nach 20-30cm aber schon, auch wenn ich den Eindruck hatte, die Einstell-Linien im Okular scharf zu sehen. Das, was jeder Digiskopierer mit der billigsten Kamera mit Autofokus zustande brachte, konnte das DC4 nicht. Jetzt sollte Schluß sein, das PS hat den Fokus-Assist: nur meine Aufnahmen zeigen allzuviele unscharfe Bilder  - trotz Fokus-Assist. Hab ich in der Hektik zu schnell ausgelöst, ehe der Fokus-Assist fertig war? Da muß ich in der Praxis erst noch dahinterkommen!

Die mitbestellte Zeiss-Photoscope-Schutzhülle für Unterwegs kam erst verspätet an. Auf beiden Seiten der Hülle sowie am Tragegurt prangen in16 mm großen Zierstich-Lettern: "Carl Zeiss" - eine Zumutung! Vielleicht gibt es einige Besitzer, die das brauchen. Ich habe jedenfalls sofort und mühseelig alles entfernt. Auch so wurde das PS richtig eingestuft: in Heraklion am Flughafen erregte mein Handgepäck - eine Fototasche - mit folgendem Inhalt sofort Verdacht: Photoscope in Hülle, 2 Kameras, ein 10x20 Fernglas, ein tragbares Binokular und Zubehör.Ich wurde zur Seite genommen zur Prüfung: Strenger Blick auf das umhüllte Photoskope: "was das"? -  "Spectivo?" -  "Öffnen!" - "Zeiss? - "ohh"....

 

Vergleichsaufnahmen DC4 und PS werde ich noch später hier hereinstellen, inzwischen nur ein paar Schnappschüsse:

Haubenlerche 

Haubenmeise (oben) 

Ortolan-Weibchen mit Jungem (unten) 

 Grau-Ortolan-Prchen

Kohlmeise-Kobel 

Kohlmeise bei Verlassen des Nistkobels

Birkenzeisig4

Birkenzeisig

 

 

Ergänzung vom 12.9.2010:

Bei einer BirdLife-Vogel-Exkursion zur Nordsee mit Sylt und Helgoland hatte ich das Photoscope stark im Einsatz. Von dort habe ich keine neuen Erkenntnisse mitgebracht, aber sehr viele Aufnahmen mit Gelbstich. Zum einen war Ende August das Wetter sehr stürmisch und hat so trotz stabilem Stativ die Anzahl zufriedenstellender Bilder sehr eingeschränkt. Ein Teil der Fotos ist unter "Galerien-Tiere-Nordseevögel+Tiere" zu sehen.

Inzwischen habe ich einmal eine Vergleichs-Serie einer Testtafelanordnung aus 15 Metern Entfernung gemacht, aus der ich aber auch nicht sehr schlau geworden bin:

Testtafel

Die Testtafeel bestand aus verschiedenen Mustern in unterschiedlichster Auflösung. Obenauf hatte ich einen Maßstab in 45-Grad-Winkel befestigt - die Zahl 30 befand sich exakt auf der Testtafel-Ebene - um so den Verlauf der Schärfentiefe kontrollieren zu können. Schritt 1 war das Scharfstellen auf die Testtafeln und eine Aufnahme ohne Focus Assist. Schritt 2 war eine Aufnahme mit Focus Assist mit Drücken bis Druckpunkt und Auslösen nach 1 sec. Schritt 3 war Auslösen 3 sec nach Drücken bis Druckpunkt. Ich wollte ausprobieren, wie rasch der Focus Assist zu einer scharfen Aufnahme kommt. Das Ergebnis war seltsam! Es gab Aufnahmen, wo der Focus-Assist minimal weniger scharfe Ergebnisse brachte als die eigenhändige Einstellung. Natürlich auch umgekehrt. Meist war auch die 3 sec-Folgeaufnahme die schärfere, aber nicht immer. Eine Genugtuung gab es aber: bei absichtlicher deutlicher Unscharfstellung auf das Objekt korrigierte der Focus Assist mit seinem Meßfeld  jeweils und lieferte scharfe Aufnahmen! Was ist nun mein persönliches Resume? Nachdem ich auf einzelnen Aufnahmen partielle Unschärfen bei den Testtafeln feststellen mußte, nehme ich an, daß thermische Unruhe und Windeinflüsse bei 1800mm KB-Äquivalent (=45-fache Vergrößerung) mehr Störeinfluß haben als man zunächst vermuten würde. Bei den Aufnahmen herrschte ein ganz leichter Wind bei Sonnenschein, die Testtafel stand im Schatten. Nur so kann ich mir die unterschiedlichen, unlogischen Schärfeergebnisse erklären.

 

Meiner "Weisheit" letzter Schluß (28.9.2010):

 Um noch ein bißchen Kontrolle zu haben, was bei meinem Hantieren mit dem PS läuft, hab ich mich nach zahlreichen Versuchen zu folgender Einstellung beim Fotografieren entschieden: ich verwende fast ausschließlich Zeitautomatik und gebe eine der 3 Wahl-Möglichkeiten ( Blende offen, 11, 22 ) vor. Meistens wähle ich Blende 11, da Abblenden auch einem Zeiss-Objektiv gut tut und das bei möglichst niedrigem ISO-Wert. (Bewegungsunschärfen meines Objektes riskiere ich und machen mir weniger zu schaffen als eine unbefriedigende Gesamtschärfe). Ich belichte nun fast ausschließlich mit Hilfe des Focus-Assit - Auslöser bis zum ersten Druckpunkt und es piept  solange, bis der FA scharf gestellt hat (etwa eine halbe bis 1 sec) und ich weiß wie ich dran bin und nehm gern in Kauf, daß es beim Auslösen nochmals piept und daß sich das nach Anfänger anhört. Ich achte ganz bewußt darauf, ob das Focus-Assist-Messfeld mein Objekt voll erfaßt, wobei ich es sorgfältig mit Hilfe der Scrolltasten am Display auf das Objekt verschiebe, wenn ich genügend Zeit habe. Hab ich die, kontrolliere ich sofort das Bild unter Benützung der Zoom Plus Taste bis zur maximalen Vewrgrößerung. Bei einem mir wichtigen Motiv mach ich soviele Aufnahmen wie die Zeit zuläßt, da bei einer ganzen Reihe von Aufnahmen immer nur eine die beste ist. Um alle Qualitätsmöglichkeiten zu nützen hab ich JPG und DNG (=Rohdaten) eingestellt und nehme die längeren Speicherzeiten in Kauf. Unter diesen Bedingungen komme ich für mich zu den besten Ergebnissen und habe es aufgegeben, die zwischendurch auftretenden Unschärfe-Ausreißer und Gelbstiche erklären zu wollen.

Meine persönliche Schlußerkenntnis sieht jetzt so aus: Gehe ich als Fotograf ans Photoscope-Rohr, bin ich von den Bildergebnissen nicht gerade hingerissen, denn das Photoscope ist keine Supertele-Ausrüstung "light"! Geh ich aber als Vogelfreund auf Beobachtung, so kann ich im selben Augenblick wie ich etwas Wichtiges sehe, sehr gute Belegaufnahmen machen, vorausgesetzt: ich beherrsche die Technik des PS. Allerdings muß ich hinzufügen, daß ich auch mit meiner Bridgekamera (SONY DSC-HX300) schon sehr nahe an PS-Ergebnisse herankomme und das um ca. 400€.

Photoscope: rechts         Schwarzkehlchen2n

 

Fuji Finepix HS10: unten 

                                     Schw.K.W 

Wenn alle Voraussetzungen passen ( Entfernung des Objekts, Licht, Windstille und stabiles Stativ...) kommt man doch zu erfreulichen Ergebnissen:

smaragdspint3938

Smaragdspint (aufgenommen am 29.11.2011 in Nil-Nähe zwischen Luxor und Assuan, geringfügig nachbearbeitet und auf Hochformat ausgeschnitten)